Das 50. Sängerfest der FELSISA – Ein Rückblick

Manfred Johannes, Pretoria

In diesem Jahr durften die Kirchenchöre der FELSISA sich zum 50. Sängerfest in Johannesburg am 2. Oktober treffen. Da lohnt es sich einmal zurückzuschauen auf die vergangenen Jahre und sich einmal wieder bewusst machen, wie alles begann und was der Sinn und das Ziel dieser Sängerfeste war und ist.

An der Synodalversammlung vom 21. und 22. Juli 1971 in Johannesburg wurde beschlossen ein Amt für Kirchenmusik (AfK) zu gründen, denn da wo Kirche Jesu Christi ist, da wird musiziert, da werden Menschen frei zum Lobpreis Gottes – so steht es im Bericht über die Gründung des AfKs.

In den Jahren vor diesem Synodalbeschluss in Johannesburg, wurden die Stimmen immer lauter, die sich dafür aussprachen, dass auch ein „Fest der Kirchenchöre“ geregelt werden sollte, im Anlehnen an das Posaunenfest, so dass auch in dieser Arbeit der Kirchenchöre die Gemeinsamkeit zum Ausdruck kommen kann.

1970 trafen sich bereits die meisten Chorleiter der Chöre in der FELSISA zu einer Schulungstagung. Herr Lutz Kohrs leitete die Tagung und die Chorleiter erklärten danach, dass sie alle sehr viel Neues lernen mussten, nicht nur in Bezug auf Schlagtechnik, sondern auch über den Stellenwert der Kirchenmusik. Die Namen der Teilnehmer möchte ich kurz nennen: Herr Lutz Kohrs, Pastor E-A Albers, die Herren Gustav Lauterbach, Karl Köhne und Gerhard Rencken (Kirchdorf), Friedel Schröder und Gustav Stielau (Uelzen), Chris Johannes (Wittenberg), Friedel Johannes und Heinrich Hohls (Panbult), Herbert Lauterbach und Siegfried Weinert (Pretoria), Ulrich Schroeder (Durban) und Frl. Lydia Lauterbach (Johannesburg). Es wurde beschlossen diese Ausbildung jährlich zu veranstalten unter dem Namen „Konferenz der Chorleiter“.

Bei diesem Treffen wurde „nachgedacht über den Platz der Chöre in der Gemeinde und Kirche. Man erkannte, dass die Musik zum gemeindlichen Leben gehört; sie hat ihr Herz im Gottesdienst, sie muss sich immer wieder auf den Gottesdienst ausrichten, vom Gottesdienst herkommen. Unsere Musik ist damit eingebettet in das Gesamtgeschehen unserer Kirche. Wenn das gilt, dann haben die Gemeinden und die Gesamtkirche eine Mitverantwortung für ihre Chöre und dann können diese nicht „Vereine“ sein, die ein relatives Eigenleben führen. Dann kann man es den Chorgliedern schon gar nicht zumuten, dass sie über ihren zeitlichen und kräftemäßigen Einsatz hinaus auch noch Mitgliedsbeiträge zahlen und ihre Noten und Instrumente selber anschaffen. Das müssen die Gemeinden tun. In ihrem Haushaltsplan sollten die Chöre bedacht werden.“ (Siehe Bericht E-A Albers in Berichte Mai-Juni 1971)

An diesem Treffen wurde auch vorgeschlagen, einen Antrag an die Synodalversammlung zu stellen, dass die Synode beschließen soll, ein „Amt für Kirchenmusik“ (AfK) ins Leben zu rufen.

Bereits am 6. Februar 1971 trafen die Kirchenchorleiter der Gemeinden sich in Uelzen um einen „Verband der Kirchenchöre der Freien Ev. Luth. Synode in Südafrika“ zu gründen. Herr Lutz Kohrs, Dozent an der Universität Pretoria, wurde als Oberleiter gewählt und es wurde vorgeschlagen, dass das zugründende AfK gebeten werden soll, Richtlinien für den Verband zu erarbeiten. Es wurde auch beschlossen, dass das AfK, wenn irgend möglich, ein Sängerfest regeln und veranstalten solle. Nach der Synodalversammlung im Juli 1971 hat das AfK sich dann mit diesen Aufgaben befasst und ein „Fest der Kirchenchöre“ für den 26. September 1971 in der Stadthalle in Paulpietersburg vorgeschlagen. Alle Gemeinden haben den Vorschlag gutgeheißen, und so wurde das erste Sängerfest ins Leben gerufen.

Es kann auch bemerkt werden, dass die Jungenden der Synode bereits immer am Jugendtag gemeinsam sangen, als Teil des Gottesdienstes, wie auch das Singen von Volksliedern in dem zweiten Teil des Jugendtagsprogramms. Somit war das gemeinsame Singen der Chöre der Gemeinden in gewissen Maßen, eine Fortsetzung, der Tradition von den Jugendtagen.

Die Frage entsteht nun, was sich in der Chorpraxis verändert hat, seit diesem ersten Sängerfest und seit den Schulungstagungen. Als erstes sei zu nennen, dass das Notenmaterial – das was die Kirchenchöre an Notenmaterial zur Verfügung hatten bis dahin – sich gravierend geändert hat. Bis dahin waren die Chorbücher Festklänge, Perlenchöre, Dölker, Heim und noch andere die Standardliteratur. Diese Bücher stammten aus dem Pietismus und haben vielfach den Gefühlsglauben besungen und nur sehr sparsam Bezug genommen auf die Heilsgeschichte an sich und das Evangelium im Besonderen. Das Bläserbuch Mit Posaunen I enthält Chorsätze aus diesen Büchern, die zu vertreten waren in ihrer Aussage. Anstelle von diesen Büchern wurden Gloria Band II, Geistliches Chorlied, 101 Choräle zum Kirchenjahr, Musik in der Schule, Ars Musica unter anderen eingeführt. Es wurde betont, dass der Choral das Zentrum der Kirchenmusik sei und dass die Chorarbeit den Choral der Gemeinde zu singen und die Heilsbotschaft zu verkündigen hat.

Es wurden Choralkantaten, die Herr Lutz Kohrs in seinem Studium in Deutschland kennen gelernt hat eingeübt, und über die Sängerfeste den Gemeindechören zugänglich gemacht. Am ersten Sängerfest war die Aufführung der Bläserkantate „Lobe den Herren“ von Helmut Walcha, der Orgeldozent von Herrn Kohrs, der Renner. Es klang gut, brachte den Choral in einer überzeugenden Weise wieder – das Alte in neuen Kleidern könnte man sagen. Dieses war die erste Bläserkantate, die die Arbeit der Posaunenchöre und der Kirchenchöre integrierte. “Du meine Seele singe” (W Rhein), “Wachet auf ruft uns die Stimme” (F Zipp) und “Sei Lob und Ehr” waren auch sehr erfolgreich und wurden oftmals im Programm aufgenommen.

Herr Kohrs führte uns auch ein in die Motetten von Heinrich Schütz, Buxtehude, Mendelssohn, Homilius, Auszüge aus dem Messias von Händel, Bachchoräle und Oratorien, um nur einiges zu nennen. In den Chorleiterschulungen wurde vieles informell besprochen und man gewann eine neue Sicht über den Stellenwert der Kirchenchorarbeit. Was ich hier betonen möchte, ist das ALLE Teilnehmer bereit waren den neuen Kurs mitzugehen. Obwohl das AfK in einigen Gemeinden mit Misstrauen angeschaut wurde, und somit auch einen zu frühen Untergang erlitt, war die Arbeit im Kirchenchorverband meines Erachtens erfolgreich und hat den Nachdruck darauf gelegt, dass die Kirchenmusik „Dienerin am Wort“ ist und eine sehr wichtige Aufgabe zu erfüllen hat. Man ist dankbar über diesen Kurswechsel in der Geschichte der Kirchenchorarbeit in der FELSISA.     

Wie sieht der Weg nach vorne aus? Ich möchte an erster Stelle die Ausbildung von Chorleitern stellen. In seinem Buch über das Chorleiten macht Kurt Thomas die provokative Aussage: Es gibt keine schlechten Chöre, sondern nur schlechte Chorleiter. Diesen Schuh sollten wir als Chorleiter und andere Verantwortliche in dieser Arbeit wieder anziehen. Es sollte nicht möglich sein, dass ein Chorleiter oder eine Chorleiterin nicht an den Ausbildungstagungen teilnimmt. Diese Ausbildung gehört zum Chorleiten dazu und darf nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Wenn da Kritik zu üben ist, soll diese am rechten Platz und am rechten Ort ausgesprochen werden, denn nur so kann das Ausbildungsprogramm verbessert werden.

An zweiter Stelle befrage ich die Rolle der Pastoren und der Kirchenvorstände in Sache Kirchenchorarbeit. Pastor E-A Albers hat so formuliert: Unsere Musik ist damit eingebettet in das Gesamtgeschehen unserer Kirche. Wenn das gilt, dann haben die Gemeinden und die Gesamtkirche eine Mitverantwortung für ihre Chöre. Es gilt wieder diese Mitverantwortung in Gemeinde und Kirche wahrzunehmen. Die Chöre sollten zielgerichtet durch die Pastoren bei der Seelsorge bezogen und integriert werden. Der Einsatz von den Chören kann nicht ausschließlich den Chorleitern und Chorleiterinnen überlassen werden. Hier sollte der Pastorenkonvent sich informieren lassen und die Möglichkeiten in dieser Hinsicht den Pastoren und den Vorständen ans Herz legen. (Frage: Welche Gemeinde hat einen Haushaltsplanpunkt – Chorarbeit? Unsere Kirche hat es auch nicht!)

An dritter Stelle muss die Arbeit der Chöre in den Jugendkreisen genannt werden. Was an den Sängerfesten im Programm aufgenommen wird, ist „unser“ Glaubensausdruck und Idiom. Wenn man bei der Jugend nachfragt, weshalb die Teilnahme der Jugendlichen in den Chören nach der Schulzeit so rapide zurückgeht, bekommt man oftmals die Antwort, dass „es nicht so ihre Sache ist“. Damit bringen sie ja zum Ausdruck, dass diese Programme und Praktiken nicht ihr Idiom sind, die ihren Glauben zum Ausdruck bringen. Da muss vieles neu bedacht und geplant werden, ob wir es wollen oder nicht. Der Raum sollte geschaffen werden in dem „Die Jugend“ ihr Gotteslob zum Ausdruck bringen kann, auf ihre Weise mit ihren Liedern und Lobgesängen.

Möge Gott die Arbeit der Kirchenchöre weiter segnen und erhalten und uns immer wieder neue „Anfänge“, wie 1970 und 1971, schenken. Es steht in seinen Händen, welches jedoch nicht bedeutet, dass wir die Hände falten und in den Schoss legen können und in unserer Komfortzone verharren. Es gilt die Hand an den Pflug zu legen und nach vorne zu schauen. Soli Deo Gloria.

“Dankt unserm Gott, lobsinget ihm, rühmt seinen Namen mit lauter Stimm; lobsingt und danket allesamt. Gott loben, das ist unser Amt.“

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