Die FELSISA versteht sich als eine bekenntnisgebundene Lutherische Kirche – gebunden an die Heilige Schrift und die Lutherischen Bekenntnisschriften.
Was heißt das? Prof. em. Dr. Werner Klän von unserer Schwesterkirche in Deutschland, der SELK, geht dieser Frage in diesem Aufsatz nach, den er dankenswerter Weise für die BLK formuliert hat. Dr. Klän hält regelmäßig Gastvorlesungen am Lutheran Theological Seminary in Pretoria.
„Wir glauben, lehren und bekennen“, ist die feierliche Formel, mit der die Verfasser der Konkordienformel, des abschließenden Bekenntnistextes der lutherischen Reformation aus dem Jahr 1577, ihre Entscheidungen in den strittigen Fragen einleiten. Für sie ist das christliche Bekenntnis nicht nur Rückgriff auf Texte vergangener Zeiten. Es gilt immer auch, den Glauben im Hier und Heute zu bezeugen. So kommt das Evangelium zur Sprache, dessen Inbegriff und Wirklichkeit Jesus Christus ist.
Das Bekenntnis ist darum nicht bloß Rückzug auf Dokumente der Vergangenheit. Es vollzieht sich vielmehr im Rückbezug auf die Heilige Schrift. Für die lutherische Reformation ist es außerdem der Schlüssel zu einem angemessenen und gemeinsamen Verstehen der Heiligen Schrift. Unsere Kirche bindet sich daher an die Bekenntnisschriften der evangelischlutherischen Kirche, weil wir überzeugt sind: In diesen Dokumenten ist die schriftgemäße Lehre bezeugt.
So dient das Bekenntnis als Anleitung zum heutigen Bekennen. Zugleich erhebt es Anspruch auf Übereinstimmung mit dem Glauben, Lehren und Bekennen der Einen Kirche, also der gesamten rechtgläubigen Christenheit.
Denn die Kirche entsteht ja durch die Predigt des Evangeliums und die Spendung der Sakramente: Durch die heilige Taufe werden Menschen der Christenheit eingegliedert. Durch das heilige Abendmahl werden sie im Glauben gestärkt. Durch den Zuspruch der Vergebung werden sie von allem befreit, was sie von Gott trennt.
Die Antworten, die in der lutherischen Reformation gefunden wurden, haben in hohem Maße Überzeugungskraft, selbst für heutige Menschen. Darum sind sie ein brauchbares Werkzeug, unseren christlichen Glauben auch heute zu bezeugen. Genau das versucht die lutherische Kirche, indem sie diese Bekenntnistexte als Richtschnur ihrer Verkündigung annimmt. Bei jeder Predigt, beim kirchlichen Unterricht, in der Ausbildung des kirchlichen Nachwuchses ist der Nachweis der Übereinstimmung mit den bestimmenden Grundlagen der Kirche gefordert.
Die Übereinstimmung im Verständnis des Evangeliums ist dabei für uns Lutheraner die unabdingbare Voraussetzung für die Bestätigung und Betätigung (voller) kirchlicher Gemeinschaft. Dies gilt im Grundsatz auch für die römisch-katholische Kirche und die orthodoxen Kirchen der östlichen Tradition in der Christenheit, wenngleich diese anders lehren als die lutherische Kirche.
Für das Verständnis unserer lutherischen Mütter und Väter, die sich im 19. Jahrhundert auf „einsame Wege“ – nicht zuletzt nach Südafrika – begaben, war klar: Kirche findet sich in der Welt – notwendigerweise – als bekenntnisbestimmte Größe vor. Sie hatten ja die Wahrheit des Schriftzeugnisses wiederentdeckt in den Aussagen des lutherischen Bekenntnisses. Darum muss diese Wahrheit bestimmend sein für den Quellgrund christlichen Lebens, den Gottesdienst, und damit für das gesamte kirchliche Leben.
Für die kirchliche Arbeit auf allen Ebenen heißt das, dass die Entscheidungsträger sich selber immer neu auf Gottes Wort zu besinnen und es auf unsere Zeit anzuwenden haben. So vollzieht sich Leben und Arbeit der Kirche durch die gründliche Auslegung von Schrift und Bekenntnis, die stete Besinnung auf Schrift und Bekenntnis und die heutige Anwendung von Schrift und Bekenntnis.
Nun kann es nicht anders sein, als dass eine Bekenntniskirche (wie die FELSISA, die LCSA, die SELK und andere Partnerkirchen im Internationalen Lutherischen Rat) immer auch eine bekennende Kirche ist. Dabei haben wir unsere Zeitgenossen im Blick. Denn das lutherische Bekenntnis gibt auf der Grundlage der Heiligen Schrift Antwort auf die Grundfragen menschlichen Lebens: „Wie können wir vor Gott bestehen?“, und: „Wie können wir vor Gott leben?“
Die Antwort der Kirche, zumal der lutherischen Kirche lautet: Wir haben Gemeinschaft mit Gott. Denn Christus hat uns in der Taufe mit Gott verbunden. Darum sind wir verbunden auch untereinander. Wir erfahren verbindlich gelebte Gemeinschaft: Diese findet Ausdruck in der Einmütigkeit des Glaubens. Sie äußert sich in der Einhelligkeit der Verkündigung dessen, was Gott für uns tat und tut: Christliche Identität kommt bei uns – so ist jedenfalls zu hoffen – höchstpersönlich und zugleich höchst gemeinschaftlich zum Ausdruck.
Wir finden uns ja immer schon in Gemeinschaft vor: Die Familie, in die wir hineingeboren sind, die Gemeinde, in die wir hineingetauft sind, die Kirche, zu der sich jemand entschieden hat – sie alle sind uns immer schon voraus. Auch unserem Glauben, der Zugehörigkeit zu Gott geht immer etwas voraus: Christus schenkt uns den Glauben. Er hat uns eingegliedert in seinen Leib, die Kirche – durch die heilige Taufe. Und wenn wir die Gemeinschaft verließen, hat Gott Mittel, uns wieder einzugliedern: sein vergebendes Wort, und das Heilige Abendmahl, das Mahl der Gemeinschaft seines Leibes und Blutes.
Die Kirche ist eine Wirklichkeit in dieser Zeit und Welt. Wir erkennen sie an den äußerlichen Mitteln, mit denen Gott Glauben wirkt und Gemeinschaft stiftet. Gott ruft sie ins Dasein. Gott erhält sie trotz ihrer Fehler und Flecken. Gott reinigt sie und vollendet sie, indem er an ihr und in ihr am Werk bleibt. Deshalb sind die Kernangebote lutherischer Theologie und Kirche unaufgebbar: Menschen im Gottesdienst der Gemeinde eine Heimat zu geben und ihr geistliches Leben zu stärken durch Unterweisung und Seelsorge. Dazu bedient sich Gott der Heilige Geist der dazu von Gott bestimmten Wirkmittel. Dies sind Verkündigung, Taufe, Abendmahl und der vollmächtige Zuspruch der Vergebung. Sie sind eben die Kristallisationspunkte kirchlicher und christlicher Existenz.
Durch diese Mittel werden Menschen in den Bereich des göttlichen Wohlwollens hineingerufen und hineingeholt oder zurückgerufen und zurückgeholt. Weil wir Menschen, auch wir Christen immer darauf angewiesen sind, in heilvoller Gemeinschaft mit Gott zu leben, gehören diese Instrumente göttlichen Heilswirkens zum Leben der Kirche.
Unsere Kirche folgt dem Grundsatz, dass Kirchengemeinschaft – also besonders die Abendmahlsgemeinschaft am Tisch des Herrn – die Übereinstimmung im Glauben, Lehren und Bekennen zur Voraussetzung hat. Sie lebt allerdings in einem kirchlichen Umfeld, das von einem „religiösen Pluralismus“, auch unter dem Dach der großen Kirchen, geprägt ist. Dort ist offenbar die Übereinstimmung im Glauben, Lehren und Bekennen nicht länger Voraussetzung für die Erklärung von Kirchengemeinschaft, wie es im Verständnis des lutherischen Bekenntnisses gilt. Unsere Kirche muss sich freilich auch selbstkritisch fragen, inwieweit die in ihrer Schriftund Bekenntnisgebundenheit vorausgesetzte Einmütigkeit im Glauben, Lehren und Bekennen der eigenen kirchlichen Wirklichkeit entspricht.
Die bekenntnisgebundenen lutherischen Kirchen stehen mit anderen Christen und Kirchen im Horizont der „Globalisierung“ vor theologischen, nicht zuletzt ethischen Herausforderungen. Wir suchen daher verbindliche Gemeinschaft mit solchen Christen und Kirchen, die auf der Grundlage der heiligen Schrift und des Bekenntnisses der lutherischen Reformation lutherische Identität in kirchlicher Verbindlichkeit gestalten, etwa im Internationalen Lutherischen Rat. Darüber hinaus können wir mit anderen Christen und Kirchen (punktuell) zusammenarbeiten, wo gemeinsames biblisch-christliches Zeugnis gegenüber der nichtchristlichen oder nach-christlichen Welt möglich und erforderlich ist.
Christen und Kirche, von ihrem Herrn in Anspruch genommen, haben nichts zu beschönigen, nichts zu vertuschen, nichts zu verschweigen: Was die Lage des Menschen, auch der Menschen von heute betrifft, reden wir Klartext. Wir werden das – hoffentlich – ungescheut tun, ohne falsche Rücksicht auf Macht, Reichtum, Bedeutung und Einfluss von Menschen. Es geht ja nicht darum, dass die Kirche sich selbst behauptet. Die Kirche redet vielmehr vom heiligen, gerechten, auf Recht und Gerechtigkeit beharrenden Gott. Zugleich aber verkündet sie den Gott, der in Jesus Christus liebevoll nah ist, und ruft zur christlichen Freiheit.