„Das Zeichen des Kreuzes machen – katholisch oder wie?“

Oder wisst ihr nicht, dass alle, die wir auf Christus Jesus getauft sind, die sind in seinen Tod getauft? So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in einem neuen Leben wandeln. Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen sind, ihm gleich geworden in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein. Wir wissen ja, dass unser alter Mensch mit ihm gekreuzigt ist, damit der Leib der Sünde vernichtet werde, sodass wir hinfort der Sünde nicht dienen.

„Das Zeichen des Kreuzes machen – katholisch oder wie?“

Das Zeichen des Kreuzes machen? „Ach nein!“, sagen wir, „das ist doch katholisch.“ Oder vielleicht: „…das ist doch abergläubisch.“ In unseren Gedanken: ganz bestimmt nicht lutherisch. Schauen wir mal genau hin. Dr. Martin Luther gibt in seinem kleinen Katechismus Anweisungen, wie man beten soll und schreibt gleich als Beispielgebete seinen Morgen- und Abendsegen dazu. Und jeweils als Überschrift schreibt Luther: „Des Morgens, wenn du aus dem Bette fährst, magst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sollst sagen: Das walte Gott Vater, Sohn und Heilger Geist. Amen. Darauf kniend oder stehend den Glauben und das Vaterunser. Willst du, so magst du dies Gebetlein dazu sprechen“, und dann folgt das Gebet, das wir als Morgensegen kennen. Zum Morgen- und Abendgebet gehört nach Luther also auch das Beten des Vaterunsers und des Glaubensbekenntnisses – und eben das Zeichen des Kreuzes.

Was hat das damit auf sich? Ist es nicht merkwürdig, dass Christen überhaupt das Kreuz so häufig als Symbol verwenden, wenn das Kreuz doch das Hinrichtungsinstrument des Heilands war? Wer trägt denn schon einen elektrischen Stuhl oder einen Galgenstrick als Schmuckstück auf der Halskette? Ihr Lieben, dass wir Christen das Kreuz als Zeichen unserer Identität nutzen, geht auf die Heilige Schrift zurück. Das Kreuz galt den Römern als die schändlichste Hinrichtungsmethode, die es gab. Auch für die Juden war der Tod am Kreuz oder überhaupt nur das Aufhängen an einem hölzernen Pfahl nicht nur ein Skandal, sondern ein Fluch und ein Zeichen der Unreinheit. 5. Mose 21,22ff. „Wenn jemand eine Sünde getan hat, die des Todes würdig ist, und wird getötet und man hängt ihn an ein Holz, so soll sein Leichnam nicht über Nacht an dem Holz bleiben, sondern du sollst ihn am selben Tag begraben – denn ein Aufgehängter ist verflucht bei Gott“. Das Kreuz war daher wohl nicht das erste Symbol, das die Christen sich wählten – wir denken da etwa an das Zeichen des Fisches – aber schon früh setzte sich das Kreuz trotz des Skandals als Zeichen der Erlösung vom Fluch durch. Denn so heißt es in der Heiligen Schrift: „Christus aber hat uns erlöst von dem Fluch des Gesetzes, da er zum Fluch wurde für uns; denn es steht geschrieben: Verflucht ist jeder, der am Holz hängt“. Gerade dadurch, dass der Herr Jesus Christus als Verfluchter am Kreuz starb, hat er uns vom Fluch des Gesetzes erlöst und selig gemacht. Das Kreuz wird also zum Bild der Befreiung vom Fluch. Der Römerbrief unterstreicht deutlich, dass wir in unserer Taufe nicht nur auf Christus Jesus, sondern auf seinen Tod am Kreuz getauft sind; am Kreuz stirbt mit Jesus mein alter Adam, sodass das Kreuz mir zum Siegeszeichen wird, weil ich gerade dadurch Anteil habe an Christi Auferstehung und Leben und an seinem Sieg über alle Mächte der Finsternis, Tod und Teufel.

Schon früh wurde vielen Christen das Zeichen des Kreuzes lieb. Schon im 1. Jahrhundert nach Christus berichten Christen darüber, dass sie sich mit dem Zeichen des Kreuzes segnen; Ende des 2. Jahrhunderts nach Christus schreibt der Kirchenvater Tertullian: „Bei jedem Schritt und jeder Bewegung, bei jedem Eingang und Ausgang, wenn wir unsere Kleider und Schuhe anziehen, wenn wir baden, wenn wir bei Tisch sitzen, wenn wir die Lampen anzünden, auf der Bank, auf dem Sitz, bei allen gewöhnlichen Handlungen des täglichen Lebens machen wir das Zeichen auf die Stirn.“ Später erklärt er das genauer: „Wir Christen nutzen unsere Stirn ab durch das Zeichen des Kreuzes.“ Das bedeutet, dass auch Laien in der alten Kirche das Zeichen des Kreuzes machten, und das hat sich über die Jahrhunderte bewährt.

Wir wollen uns daran erinnern, dass es zur Gründung der lutherischen Kirche kam, nicht etwa, weil eine neue, anti-katholische Kirche gegründet werden sollte, sondern weil Lutheraner das Gute beibehalten wollten, das immer und überall von Christen gelehrt und gehandhabt worden war. Dazu rechnete Luther auch das Zeichen des Kreuzes als eine gute christliche Praxis.

Aber wird das Zeichen des Kreuzes nicht auch als abergläubische Praxis gemacht? Antwort: Ja, einige Menschen machen das Zeichen des Kreuzes als vermeintlichen Schutz vor allerlei bösen Mächten, z.B. bei dem Anblick von schwarzen Katzen, um Unglück abzuwehren. Warum dürfen Christen trotzdem das Zeichen des Kreuzes machen? Antwort: Weil der Missbrauch einer Sache den rechten Gebrauch nicht aufhebt. Wenn Leute z.B. nach Medikamenten wie Morphium süchtig werden, heißt das nicht, dass diese Medikamente nicht mehr richtig und zum Guten angewendet werden dürfen. Wenn jemand mit seinem Auto in eine Menschenmenge rast und viele Leute dadurch tötet, bedeutet das nicht, dass keiner mehr Auto fahren darf. So ist es auch mit dem Zeichen des Kreuzes: Bloß, weil einige es missbrauchen, heißt noch lange nicht, dass es keinen rechten Gebrauch mehr hat.

Natürlich ist keiner gezwungen, das Zeichen des Kreuzes zu machen. Aber es hat einen guten und richtigen Gebrauch, der uns zum Segen dienen kann. Man kann das Zeichen des Kreuzes am Oberkörper machen mit der Hand von rechts nach links und von der Stirn zur Brust; oder man kann es wie die alten Christen an der Stirn machen oder über dem Herzen. Das erinnert auch an unsere Taufe, wo zum ersten Mal das Zeichen des Kreuzes an unserer Stirn und über unserem Herzen gemacht wurde. Das Kreuz Jesu Christi mag vielen Menschen eine Torheit sein, aber uns ist es eine Gotteskraft. Durch sein Kreuz segne der Herr mein Denken und mein ganzes Ich, meinen Mund und all mein Tun; durch Kreuz und Auferstehung Jesu bin ich mit Gott verbunden, eine neue Kreatur in der Taufe, mit einer neuen Identität und einer neuen Gemeinschaft, die ewig hält. Ein Teil der Familie Gottes. Im Gottesdienst mache ich das Zeichen des Kreuzes am besten dann, wenn der Pastor es tut, nämlich dann, wenn der Name des dreieinigen Gottes genannt wird, wenn Sünde vergeben wird, wenn die Gegenwart des Herrn ausgesprochen wird, nach dem Abendmahlsempfang und nach dem Segen. Und zu Hause mache ich es bei der Andacht, beim Aufstehen und beim Schlafengehen, wenn ich mich dem lieben Gott befehle.

Sei fröhlich alles weit und breit, was vormals war verloren,

weil heut der Herr der Herrlichkeit, den Gott selbst auserkoren

zum Sündenbüßer, der sein Blut am Kreuz vergossen uns zu gut,

vom Tod ist auferstanden. Amen.

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