Ursprung und Sinn des Corona-Virus

Das Böse, das Leiden und die Schrift: Ursprung und Sinn des Corona-Virus. Pastor Dr. Karl E. Böhmer, Christusgemeinde Kirchdorf

Unter diesen ungewohnten Umständen dient das Buch der Offenbarung vielen Christen mit Fragen zum Corona-Virus als erste Anlaufstelle. Zahlreiche christliche Ausleger, sowohl ordinierte als auch Laien aus allen möglichen Kirchen, suchen in diesen schwierigen Zeiten in der Offenbarung nach Antworten. Dabei wird die Offenbarung häufig missverstanden und falsch angewendet, und die Ergebnisse schwanken zwischen falscher Lehre und falschem Trost. Bei der Auslegung von diesem Buch der Bibel ist große Vorsicht geboten. Als Lutheraner sind wir der Überzeugung, dass die Offenbarung der Kirche nicht als detaillierte Vorausschau der Zukunft gegeben ist, die wir nutzen könnten, um jede wichtige Entwicklung der Geschichte zu antizipieren oder präventiv zu handeln, um sozusagen jedem traumatischen Ereignis der Geschichte zu entgehen oder vorteilhafter zu durchleben. Es ist ganz einfach so, dass die Offenbarung keiner linearen Zeitleiste folgt, als wenn ein Kapitel zeitlich auf das nächste folgt, dass die Offenbarung bei Zeitpunkt A beginnt und bei Zeitpunkt B endet. Stattdessen folgt sie einer kreis- oder spiralförmigen Zeitleiste, und zwar so, dass sie wiederholt und aus verschiedenen Blickwinkeln denselben Abschnitt der Weltgeschichte betrachtet. Die Offenbarung spricht von demselben umfassenden Verlauf der menschlichen Geschichte von der Himmelfahrt Christi bis zum Ende der Welt, aber immer wieder und aus unterschiedlichen Perspektiven. In der Offenbarung spielt sich der große andauernde christliche Kampf gegen die Mächte des Bösen ab. Es geht um die Kirche als militante Kirche, als kämpfende Kirche. Die Offenbarung malt die Geschichte in groben Zügen und im allgemeinen Sinne. Der Sinn der Offenbarung besteht einerseits darin, offen vor großer Aufruhr und Schwierigkeiten in diesem Leben und in der Kirche während der gesamten Endzeit zu warnen, die mit der Auferstehung und Himmelfahrt Christi beginnt und in seiner Rückkehr am jüngsten Tag gipfelt. Dies hebt deutlich hervor, dass die Kirche in diesem Leben immer eine streitende Kirche bleibt, die mit Gottes Hilfe Bedrohungen und Angriffe von innen und außen bekämpft. Andererseits und gleichzeitig soll die Offenbarung zeigen, dass der Sieg bereits errungen und der Ausgang des Krieges schon bestimmt ist, eben weil Christus tatsächlich Herr der ganzen Welt ist. Seit seiner Himmelfahrt gilt sein Wort: Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ (Mt 28,18) Dies bedeutet, dass Christus entgegen allem Anschein die Kontrolle über die Weltgeschichte hat und behält und schließlich alle Verheißungen des Sieges über das Böse in all seinen Formen einlösen wird. Auf diese Weise werden Christen getröstet und versichert, dass die Glaubenskämpfe ganz bestimmt ein Ende haben werden, dass die Kirche von Triumph gekennzeichnet und dazu bestimmt ist und dass der Herr seiner Kirche immer treu bleiben wird.

”Job on the Dung Heap“ Johann Baptist Wenzl Bergl (1718-1789)
”Job on the Dung Heap“ Johann Baptist Wenzl Bergl (1718-1789)

Wer ist für das Böse in dieser Welt verantwortlich? Wozu gibt es das Böse? Was ist sein Sinn und Zweck? Die Beantwortung dieser Fragen erfordert eine sehr differenzierte Sicht der Dinge, einfach weil die Schrift in solch nuancierten Begriffen spricht. Einerseits hat der Herr in seiner unendlichen Weisheit und Liebe seinen Geschöpfen (insbesondere Engeln und Menschen) ein Maß an Freiheit gegeben, in dem Sinne, dass sie frei sind, eine Wahl gegen den Herrn und seinen Willen zu treffen. Wir sind als Geschöpfe durchaus dazu imstande, sowohl Böses in die Welt einzuführen als es auch zu erhalten. Das heißt, dass viel Böses auf dieser Welt von bösen Wünschen und Absichten gefallener Engel und Menschen herrührt. Andererseits ist es unzulässig, von der „Natur“ als einer eigenständigen Kraft mit eigenem Willen zu sprechen, als personifizierte und vom Willen Gottes unabhängige Macht (wie z.B. die „Mutter Natur“ oder ähnliche Vorstellungen). Dies geht aus dem Römerbrief hervor, in dem davon die Rede ist, dass die Schöpfung dem Verfall und der Vergänglichkeit ausgesetzt wurde (Römer 8), nachdem die Sünde durch die Übertretung und den Ungehorsam eines Menschen in die Welt gekommen war, und der Tod durch die Sünde (Römer 5). Somit sind Tod und Verfall und alle zerstörerischen Naturkräfte direkte Folgen der menschlichen Sünde. Gleichzeitig macht Römer 8 deutlich, dass derjenige, der die Schöpfung der Knechtschaft der Vergänglichkeit und des Verfalls unterworfen hat, nicht Adam, sondern Gott selbst ist (Röm 8,20), und dass er dies auf Hoffnung getan hat, um uns Geduld zu lehren während wir und die gesamte Schöpfung noch seufzen und auf das hoffen, was wir nicht sehen, auf das freudige Ereignis der Freiwerdung, die der Schöpfung und allen Auserwählten Gottes am Tag der Auferstehung im neuen Himmel und der neuen Erde bevorsteht.

Woher kommt dann das Böse (und damit das Virus)? Antwort: von der Sünde der Menschen, vom Wirken Satans, aus dem bösen Willen der Menschen (Augsburger Bekenntnis XVIII und XIX heben das hervor) – aber gewiss nicht ohne den Willen Gottes, der versprochen hat, die Sünde zu bestrafen (2. Mose 20) und der die Schöpfung der Vergänglichkeit und Verfall unterwarf (Römer 8). Darüber hinaus gibt es auch Leiden und Böses in dieser Welt, das Gott selbst schickt. Zum Beispiel werden in Offb 6,2.4.8.10-11 Siegel geöffnet, die in dieser Welt großes Leid verursachen, und die Heilige Schrift deutet an, dass Gott der Herr selbst sie öffnet. Auf diese Weise besagt die Schrift, dass Gott handelt und dies alles bewirkt. Sie sagt aus, dass der Herr selbst Engeln Vollmacht gibt und sie hinaussendet, um großes Leiden in dieser Welt zu bewirken. Gleichzeitig macht Offb 6 deutlich, dass der Herr das Ausmaß des Leidens in jedem Fall begrenzt und es dazu bestimmt, seinem Zwecke zu dienen. Das Leiden als Ganzes wird als „große Trübsal“ bezeichnet. Offb 6,16-17 legt dieses Leid dahingehend aus, dass es dem Zorn Gottes über Sünde und Abfall zu verdanken ist und als sein gerechtes Urteil über die ganze Erde kommt. Dies kommt in unterschiedlichen Weisen zum Ausdruck, bis es am Tag des Gerichts seinen Höhepunkt erreicht. Erst dann wird Gott in der neuen Schöpfung dem Leid und dem Bösen ein Ende setzen (Offenbarung Kapitel 7, 19 und 21-22).

In der Heiligen Schrift gibt es weitere Hinweise darauf, dass Gott selbst Böses in dieser Welt bewirkt. Das Buch Hiob spricht z.B. davon, dass der Allmächtige die Aufmerksamkeit des Satans auf den gerechten Mann Hiob lenkt und dadurch die Prüfungen und Schwierigkeiten in die Wege leitet, die der Satan über ihn bringt – in diesem Fall ist es eindeutig nicht Hiobs Sünde, die sein Leiden verursacht, sondern der Dialog zwischen Gott dem Herrn und dem Teufel, in dem Gott dem Bösen, das der Satan tut, Grenzen setzt. Am Ende des Buches tadelt der Herr den Hiob ob seiner mangelnden Weisheit im Umgang mit seinem Leidens und insbesondere wegen seiner fehlerhaften Aussagen über Gottes Wesen, Absicht und Willen. Erstaunlich ist im Schlusse des Buches, wie Hiobs Brüder und Schwestern zu ihm zurückkehrten, nachdem er wieder gesund geworden war, und „sprachen ihm zu und trösteten ihn über alles Unglück, das der HERR über ihn hatte kommen lassen. (Hiob 42,11 – Hervorhebung von mir, wie auch in den folgenden Zitaten.)

Ein ähnliches Urteil finden wir in der rhetorischen Frage von Amos 3,6: „Ist etwa ein Unglück in der Stadt, das der HERR nicht tut?“ Ähnliches sagt Gott der Herr Jesaja 45,7 über sich aus: „Der ich das Licht mache und schaffe die Finsternis, der ich Frieden gebe und schaffe Unheil. Ich bin der HERR, der dies alles tut. Maßgeblich ist in diesen Bibelstellen das hebräische Wort „Ra‘ah“, was so viel wie Böses/Katastrophe/Unglück/Unheil bedeutet. In ähnlicher Weise weist das Buch der Klagelieder als Ganzes auf Gott den Herrn als Urheber des Leidens Israels in der Verbannung und Gefangenschaft im Exil – nachdem Israels wiederholte Sünde den Herrn dazu drängte, auf diese Weise zu handeln, wobei Jeremia deutlich macht, dass Gott der Herr dennoch Israels einzige Hoffnung und Trost bleibt. Ähnlich identifiziert der Prophet Habakuk den Herrn als Urheber des großen Übels, das von den Chaldäern angerichtet wurde, die er dazu erweckt hat, Schaden und Zerstörung anzurichten (Habakuk 1,5-11). Ähnlich muten die Geschichtsbücher des Alten Testaments an, in denen häufig festgestellt wird, dass der Ungehorsam des Volkes Gottes und sein Unglaube den Herrn dazu veranlassen, Strafe und Leid über sie zu bringen oder seine schützende Hand von ihm abzuwenden. Zum Beispiel Richter 10,13-14, wo es heißt: „Dennoch habt ihr mich verlassen und andern Göttern gedient. Darum will ich euch nicht mehr erretten. Geht hin und schreit zu den Göttern, die ihr erwählt habt; lasst diese euch helfen zur Zeit eurer Bedrängnis!“ Auch die Psalmen schreiben dem Herrn häufig Leiden zu; z.B. Psalm 39,11 „Wende deine Plage von mir; ich vergehe, weil deine Hand nach mir greift“, oder Psalm 44,8-22. So sendet der Herr manchmal Böses und Leiden als Antwort auf die menschliche Bosheit – und manchmal tut er dies ausschließlich seiner eigenen Absichten halber, die uns nicht immer mitgeteilt werden.

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