John Pless und Jacob Corzine, Faith in the Shadow of a Pandemic (St. Louis, MO: CPH, 2020).
Thank you for reading this post, don't forget to subscribe!Das Corona-Virus und die COVID-19 Krise überschatten wohl in vielen Hinsichten das gegenwärtige Jahr 2020. Immer wieder hört man die kritische Anfrage: Warum sagt die (lutherische) Kirche wenig oder nichts dazu? Antwort: Viele unserer Pastoren haben tatsächlich das Thema in Predigten und Schriften angesprochen, Artikel gab und gibt es in der BLK dazu. Nun ist von Dr. Jacob Corzine und Dr. John Pless, zwei bekannten lutherischen Theologen aus unserer amerikanischen Schwesterkirche, auch ein kurzes Buch zu dem Thema erschienen: Faith in the Shadow of a Pandemic. Das Buch ist leicht verständlich für Laien geschrieben worden mit dem Ziel, aus lutherischer Perspektive das christliche Leben in der Gemeinde und in der Welt unter Einwirkung von persönlichen und sozialen Katastrophen wie COVID-19 zu beleuchten. Unter dem Vorzeichen der gegenwärtigen Problematik sprechen die Autoren über das christliche Verständnis von und dem Umgang mit Katastrophen.
Um es gleich vorwegzunehmen: Es geht in diesem Buch nicht darum, irgend „wahre“ Ursache der COVID-19 Krankheit oder eventuelle politische Absichten und Machenschaften hinter deren Verbreitung zu erörtern, sondern ganz einfach um den Umgang mit dem Virus und den damit einhergehenden Einschränkungen im gemeindlichen und gemeinschaftlichen Leben als einer Wirklichkeit, der wir uns alle stellen müssen. Wie sieht die Liebe zu Gott und zu unserem Nächsten unter den jetzigen Umständen aus? Wie können wir unter schwierigen Umständen anderen Menschen dienen?
Aus diesem Grunde lässt sich das Buch problemlos auch auf andere Krankheiten und Seuchen oder gesellschaftliche Krisen anwenden. Schon seit Jahrtausenden haben Christen sich Krisen und schwierigen Lagen stellen müssen. Dr. Martin Luther erlebte selbst einen Ausbruch der Pest im Jahre 1527 in Wittenberg und musste persönlich mit der auf diese Weise ausgelösten Pandemie umgehen – sein Wohnhaus wurde in jener Zeit als Hospital genutzt. Es tut uns gut, zu hören, wie er und wie andere treue Christen vor und nach ihm mit derartigen Phänomenen umgegangen sind und was die Heilige Schrift zu der Rolle Gottes in schweren Zeiten zu sagen hat.
Das Buch geht längst nicht „nur“ um Martin Luther, sondern um Luthers Herrn Jesus Christus. Wo ist der Herr Christus in Krisenzeiten? Antwort: Alle Gottesverheißungen sind in Jesus Christus Ja und Amen, Gott zu Lobe. Er ist für dich da, auch in der Krise – und durch dich kommt er anderen nah. Wenn du deinem Nächsten dienst, dann dienst du dem Herrn Christus in der Person deines Nächsten. Der Herr ruft uns dazu auf, dem Nächsten zu dienen auch und gerade dann, wenn es uns etwas kostet.
Das Buch lenkt die Aufmerksamkeit der Leser auf schwierige Fragen:
- Hat Nächstenliebe Grenzen?
- Worin liegen die besonderen Versuchungen dieser Zeit?
- Was fürchte ich in der Anfechtung mehr als Gott?
- Was heißt es unter den gegenwärtigen Umständen, Gott zu versuchen?
- Hat die Wissenschaft uns Christen überhaupt etwas zu sagen?
- Wie wenden wir Christen in Zeiten der Gottesdienstverbote Technologie richtig an – was geht, was geht nicht?
- Wo ist Gott, wenn ich leide?
- Welche Mittel stehen mir zur Verfügung, wenn ich nicht zum Gottesdienst gehen kann?
- Wie kümmern wir uns um Sterbende, wenn wir nicht in Krankenhäuser gehen dürfen?
- Wie trauern wir, wenn wir nicht zu Beerdigungen gehen können?
Zu diesen und anderen Fragen gibt Faith in the Shadow of a Pandemic handfeste Antworten und praktische Richtlinien. Es weist darauf hin, dass wir alles Gute von unserm Herrn erwarten und empfangen, und dass wir in dieser Zuversicht leben. Gleichzeitig warnen die Autoren davor, die Krise zu missbrauchen, z.B. indem wir sie als Anlass nehmen, unseren schon vorhandenen Zorn anzuschüren oder unserer Unzufriedenheit über Gottes Handeln in der Welt Luft zu machen. Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über, spricht der Herr (Mt 12,34). Wovon reden wir in Zeiten der Krise? Unter anderem schickt Gott der Herr uns Krisen, um uns neu zur Buße aufzurufen.
Vorsichtig spricht das Buch über das Verhältnis zwischen dem christlichen Glauben und der Wissenschaft im Lichte einer wichtigen Unterscheidung: Die Wissenschaft informiert uns über die vorfindliche Wirklichkeit in dieser Welt – aber sie kann uns nicht anraten, wie damit umzugehen. Die Aufgabe der Wissenschaft ist das „ist“, nicht das „soll“. Wie wir mit der Wirklichkeit umgehen sollen, lernen wir nur aus Gottes ewigem Wort. Der christliche Glaube hat also ein führendes Wort zum Umgang mit der Krise zu sprechen.
An dieser Stelle hätte ich im Buch Hinweise auf die Widersprüche im Rahmen der Wissenschaft geschätzt – z.B. sind Masken denn tatsächlich hilfreich oder eher nicht? Die Corona-Krise deckt nämlich an mehreren Stellen auf, dass Wissenschaftler sich auch über das „ist“ längst nicht einig sind, und dass man sich in Zeiten der Not oft nicht auf die Wissenschaft verlassen kann, das Problem und effektive Lösungen eindeutig und einstimmig zu definieren. Auf jeden Fall zeigt das Buch die Grenzen der Wissenschaft auf, und dafür bin ich dankbar.
Wunderbar richtet das Buch in Krisenzeiten unsere Augen auf Christus als Mittelpunkt allen Lebens durch die Versöhnung durch seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung. Das Leben kann sich im Handumdrehen ändern; der zeitliche Tod steht uns allen bevor. Das wird uns zurzeit wieder ganz neu bewusst. Jesus Christus aber bleibt derselbe, er ist für uns da, und sein Wort bleibt in Ewigkeit. Er ist und bleibt Regente und führet alles wohl. Dieser Beitrag hebt den Wert der Heiligen Schrift als Gebetsvorlage für alle Fälle (auch in Zeiten der Klage!) und als handfeste Richtlinie auch und gerade in Krisenzeiten hervor.
Faith in the Shadow of a Pandemic gibt Rat und Anweisung für besorgte Christen, für kämpfende Christen, für fragende Christen, für desorientierte Christen.
Wer auf der Suche nach einem guten und verständlichen lutherischen Schreiben zum Thema Corona-Virus und der COVID-19 Krise ist, dem ist dieses kurze Buch herzlich zu empfehlen.