Liebe handeln: Agape im Alltag leben

Pastor Tobias Ahlers, Shelley Beach

Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen! 1. Korinther 16, 14

,Liebe‘ ist ein sehr umfassender Begriff. Für viele geht es bei der Liebe nur um Gefühle: eine tiefe Zuneigung für jemanden oder etwas. Obwohl Zuneigung sicherlich ein Teil der Liebe ist, macht dieses Gefühl der Zuneigung allein noch keine Liebe – das wäre lediglich Verliebtheit. Wenn wir die Liebe nur auf ein Gefühl reduzieren, verlieren wir den Tätigkeitscharakter der Liebe.

Thomas von Aquin, ein sehr einflussreicher Theologe, der im 13. Jahrhundert lebte, definierte Liebe als „die Entscheidung, das Gute des Nächsten zu wollen.“ Diese Definition bringt besser zum Ausdruck, was Liebe ist – insbesondere die Liebe, von der der Apostel Paulus spricht.

Liebe ist eine Tätigkeit – ein selbstloses Handeln. Diese Definition von Liebe ist für uns nicht selbstverständlich, denn unsere Standardeinstellung ist, dass wir alles zu unserem eigenen Vorteil tun wollen. Liebe erfordert ein bewusstes Handeln im Interesse des Anderen.

Es ist allgemein bekannt, dass es im Griechischen mehrere Wörter für „Liebe“ gibt: Es gibt Eros für die sinnliche Liebe. Diese leidenschaftliche Liebe kann sogar gefährlich sein, denn sie kann von einem Menschen Besitz ergreifen und zu einem Kontrollverlust führen. Dann gibt es Philia für Freundschaftsliebe und Agape für selbstlose Liebe – dass ist die Liebe, die das Gute für andere sucht, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

Dieser Unterschied zwischen Philia und Agape ist von entscheidender Bedeutung: Freundschaftsliebe ist für jemanden, mit dem man gerne Zeit verbringt, weil er oder sie die gleichen Hobbys und Interessen hat wie man selbst. Agape ist ein bisschen abstrakter. Es ist eine Liebe, die anderen frei geben will – unabhängig von unserer Beziehung zu ihnen. Es ist eine Liebe, die einfach das Beste für den anderen will. Oft wird dies als Wohltätigkeit oder Selbstlosigkeit bezeichnet.

Dass ist die Liebe, die Gott zu uns hat. Es ist die Liebe, die ihn dazu veranlasst hat, seinen Sohn zu senden, um für unsere Sünden zu büßen. Es ist eine Liebe, die nicht auf Gefühlen beruht, sondern auf einer bewussten Entscheidung: im Interesse der anderen zu handeln. Der Apostel Johannes bringt diesen Aspekt der Agape-Liebe zum Ausdruck, wenn er schreibt: Darin besteht die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat. (1. Johannes 4, 10).

Wir neigen dazu, diejenigen, die „liebenswert“ sind, zu lieben (siehe Lukas 6,32-36). Wir neigen dazu, unsere Liebe nur denen zu zeigen, die sie verdient haben und die uns wieder lieben. Aber Gottes Liebe ist eine unverdiente Liebe – die Jesus demonstriert, indem er bereitwillig und absichtlich für unsere Sünden am Kreuz stirbt. Niemand nimmt das Leben von mir, sagt Jesus, sondern ich selbst lasse es. (Johannes 10,18). In der Tat, Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren, sagt Paulus. (Römer 5,8). Tatsächlich liebt Gott uns nicht, weil wir uns entscheiden uns zum Besseren zu verändern. Vielmehr ist es genau umgekehrt: Gott verändert uns um seinen Wegen zu folgen, weil er uns liebt! Wie Johannes abschließend feststellt: Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt. (1. Johannes 4,19).

Diese unverdiente Agape-Liebe soll alles durchdringen, was wir tun. Alle eure Dinge lasst in der Liebe geschehen. Wir sind aufgerufen, in selbstopfernder Liebe tätig zu sein – Liebe, die sich im Handeln zeigt – Liebe um der Anderen willen. Dazu gehört auch die Bereitschaft, alles zu tun, um andere mit dem Evangelium zu erreichen – so wie es der Apostel Paulus tat: Denn obwohl ich frei bin von jedermann, habe ich doch mich selbst jedermann zum Knecht gemacht, auf dass ich möglichst viele gewinne … Alles aber tue ich um des Evangeliums willen, auf dass ich an ihm teilhabe (1. Korinther 9,19+23). Das ist die wunderbare Botschaft des Evangeliums: dass unsere Sünden aufgrund von Gottes Agape-Liebe vergeben sind. Gottes Liebe ist un-verdiente, selbstopfernde, vergebende Liebe. Und diese Art von Liebe – diese Liebe Gottes zu uns – ist die Motivation für unsere Liebe zu andern.

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