Lehrpredigt zu Rogate

Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren, wie dir der HERR, dein Gott, geboten hat, auf dass du lange lebest und dir’s wohlgehe in dem Lande, das dir der HERR, dein Gott, geben wird. (5. Mo 5, 16)

Die älteste Institution, die älteste Struktur des menschlichen Zusammenlebens der Welt ist die Ehe, und gleich nach ihr die Familie. Lange vor dem Sündenfall hat Gott der Herr sie eingesetzt als Baustein der menschlichen Gesellschaft. Damit sind Ehe und Familie älter als die Sünde. Über die Ehe zwischen Mann und Frau sprach der Herr: Seid fruchtbar und mehret euch… Damit hat er die Familie eingesetzt. Auch die Ehe und Familie sah Gott an als er sprach: Siehe, es war sehr gut. Ehe und Familie sind die erste Kirche gewesen und Adam der erste Pastor; Ehe und Familie sind die erste Schule gewesen und Adam und Eva die ersten Lehrkräfte; Ehe und Familie sind älter als Staaten und Länder, und Adam und Eva waren die erste Regierung. Vor organisierten Gemeinden und Kirchen und Schulen und Regierungen war die Familie da. Vater und Mutter beziehen ihre Autorität direkt von Gott; sie erziehen ihre Kinder an Gottes Statt, und deswegen sind die Kinder den Eltern Ehrerbietung schuldig.

All das hat Folgen. Vater und Mutter waren unter den Menschen die erste und einzige Autoritätsinstanz, deren Kinder aber zu Gehorsam und zur Ehrerbietung den Eltern gegenüber verpflichtet, lange bevor es die Sünde gab. Aber auch nach dem Sündenfall blieb diese Ordnung Gottes bestehen, ja, Gott der Herr hat sie mit dem 4. Gebot sogar noch bekräftigt. Damit spricht Gott nicht nur jeden einzelnen Menschen, sondern auch jedes einzige Volk an. Es wird dem einzelnen Menschen und dem ganzen Land und Volk gut gehen, und sie werden langlebig sein, wenn sie Vater und Mutter ehren. Durch die Familie also will Gott jeden einzelnen Menschen und jeden Staat, jedes Land als Ganzes segnen und erhalten. Ja, Gott bindet das Wohlsein der Menschen und des Landes an die Familie, bzw. an den Gehorsam den Eltern gegenüber, die man ehren soll.

Heutzutage aber gerät die Familie nicht nur unter Druck, sondern es gibt Kräfte, die die Familie zerstören wollen. Stattdessen soll jeder Mensch als einzelner, als Individuum das Recht haben, sein Leben selbst zu bestimmen, und im Zweifelsfall übernimmt die Regierung Autorität über die Kinder – vielerorts führen Gesellschaften regelrechten Krieg gegen Vater und Mutter, versuchen Papa und Mama aus dem Wege zu räumen, oder aber bekämpfen Gottes Ordnung der Ehe und der Familie als Bündnis zwischen einem Mann und einer Frau fürs Leben, die, wenn Gott es schenkt, Kinder in die Welt bringen. Immer mehr Kinder wachsen ohne Aufsicht der Eltern auf, viele wachsen ganz ohne Vaterfigur auf. Darüber wollen wir nächstes Mal im Einzelnen reden. Heute wollen wir uns klarmachen, was es bedeutet, wenn ein Land und seine Leute die Familie als Struktur bekämpfen oder aufgeben. Es bedeutet, dass man Krieg führt gegen Gottes Ordnung. Es bedeutet, dass früher oder später der Zusammenhalt des ganzen Landes leidet, dass den Menschen und ihrem Volk und Land die Lebensdauer gekürzt wird und es ihnen nicht mehr wohlgeht.

Wieso ist das so? Weil sich aus der Obrigkeit der Eltern die Autorität aller anderen Obrigkeiten im Leben und im Lande ableitet und verbreitet. Wenn ein Vater sein Kind nicht alleine erziehen kann, weil er den Lebensunterhalt verdient, nimmt er Lehrer dazu, die den Unterricht übernehmen; die Schule übernimmt also ihre Autorität von den Eltern, nicht vom Staat. Wenn Vater und Mutter dem Kind selbst keine Arbeit vermitteln können, nehmen sie andere dazu, die dem Kind einen Arbeitsplatz bieten, und so leitet sich die Autorität des Arbeitgebers von dem der Eltern ab. Weil Menschen eng zusammenleben und die Ordnung und der Schutz gewährleistet werden muss, hat Gott der Herr die Regierung eingesetzt, um als Väter und Mütter Autorität über das Volk auszuüben. So hat man früher immer von der Regierung als „Landesväter und -mütter“ geredet. Und so ist es auch mit der Kirche; Gott der Herr hat die Kirche eingesetzt und Pastoren berufen, als geistliche Väter den Eltern beizustehen in der geistlichen Erziehung der Kinder, in der Verkündigung von Gottes Wort und im Reichen der Heiligen Sakramente. So sind Lehrer, Arbeitgeber, Staatspräsidenten, Regierungen und Polizisten, und schließlich auch Pastoren nichts anders als Gottes Stellvertreter, weil sie in ihrem Bereich das Amt eines Vaters ausüben und ein väterliches Herz haben sollen. Was ein Kind dem Vater und der Mutter schuldet, das schulden auch Schüler den Lehrern, Arbeitnehmer den Arbeitgebern, Bürger der Regierung und der Polizei, und Gemeindeglieder den Pastoren. Durch Väter und Mütter in der Familie, und dann eben in all den anderen Bereichen auch, erhält Gott der Herr uns Nahrung, Haus und Hof, Schutz und Sicherheit, geistliche Leitung und Erziehung. Gerade deshalb schulden wir ihnen Gehorsam und Ehrerbietung, denn dann ehren wir Gottes Autorität und erweisen ihm Ehre, dann geht es uns wohl und die Gesellschaft ist gesund und wir leben voraussichtlich lange.

Selbstverständlich schränkt Gott selbst alle menschliche Autorität ein, wenn er in seinem heiligen Wort sagt: Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. (Apg 5,29) Jeder Vater, jede Mutter, und im weiteren Sinne jede menschliche Autorität bezieht ihre Vollmacht von Gott allein. So ist von uns Gehorsam gefordert auch dann, wenn wir nicht mit den Anordnungen übereinstimmen oder sie für kurzsichtig, unnötig oder sinnlos erachten. Erst dann brauchen wir keinen Gehorsam zu leisten, wenn eine Autorität gegen Gottes Wort und Willen verstoßt und uns zu Sünde auffordert. In solch einem Fall ist Ungehorsam gegen Menschen sogar geboten, gerade weil der Gehorsam gegenüber Gott die allererste Priorität fordert und seine Autorität alle menschliche Autorität übertrifft. Wo man aber ohne Sünde seinen Eltern, der Regierung, den Lehrern oder den geistlichen Vätern, den Pastoren, gehorchen kann, da ist von uns der Gehorsam und die Ehrerbietung gefordert.

Darum tu nur, was du schuldig bist, und lass Gott dafür sorgen, wie er dich ernährt und versorgt. Er hat es sich alles kosten lassen, dass es dir gut gehen möge. Ihr Eltern, ihr seid nicht dazu da, dass ihr die Kinder alles beschließen lasst und ihrem Willen folgt. Damit erweist ihr euren Kindern keinen Dienst. Solange sie euch anvertraut sind, habt ihr in Verantwortung vor Gott ihnen ihre Grenzen zu zeigen, ihnen vorzuleben, was wichtig ist, und sie im Gehorsam gegenüber euch und Gott selbst zu erziehen. Alle wichtigen Entscheidungen kommen eurer Verantwortung zu, nicht ihnen. Gott hält euch dafür verantwortlich. So übt eure Verantwortung aus. Gott selbst will eure Kinder und eure Familie segnen, wenn sie euch gehorchen und ehren. Daraus lernen sie den rechten Gehorsam allen anderen Autoritäten gegenüber, und das Land, die Schule, der Arbeitgeber und die Kirche werden es euch danken. Deshalb wollen wir es uns gesagt sein lassen, „ein wie großes Ding es bei Gott um den Gehorsam ist: er stellt ihn so hoch, hat selber ein Wohlgefallen an ihm und belohnt ihn reichlich; dazu ist er so streng darauf bedacht, die zu strafen, die dawiderhandeln.“ „Dann könnten wir die Blindheit und den Jammer, worin wir so tief stecken, loswerden und Gottes Wort und Willen recht erkennen und mit Ernst annehmen. Denn daraus würden wir lernen, wie wir Freude, Glück und Heil genug haben könnten für Zeit und Ewigkeit.“ (Groß. Katechismus) Amen.

(Pastor Karl Böhmer, Kirchdorf)

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