Eine kurze Beurteilung der 2017 Revidierte Lutherübersetzung

Das Wort wurde Fleisch. Eine kurze Beurteilung der 2017 Revidierte Lutherübersetzung

Die Empfehlung des Pastorenkonvents lautet: Der Ingebrauchnahme der neuen Lutherübersetzung 2017 steht nichts im Wege; sie kann mit einigen Ausnahmen verwendet werden. Negative Kritik ist besonders auf einzelne Fußnoten und einige Sacherklärungen im Anhang gerichtet.

Seit Jahrhunderten ist die Lutherbibel Standardliteratur in Kirche, Schule, Haus und Alltag. Nach einigen Jahrzehnten verändert sich jedoch die deutsche Sprache, die Bibelwissenschaft macht Fortschritte und „alte“ Fehler sollen korrigiert werden. Der Auftrag an die Übersetzungskommission lautete: Damit die Lutherbibel als verlässliche Grundlage in Liturgie, Katechese, Wissenschaft und Kultur Bestand hat, ist eine Überprüfung und Wiederannäherung an die biblischen Grundtexte unausweichlich. Dabei gibt die Gruppe die Empfehlung: Es solle so viel korrigiert werden wie nötig, aber so wenig wie möglich der Luthertext verändert werden.

Das hat nach Meinung vieler Kritiker die neue revidierte Übersetzung gut geschafft. Sogar Christoph Barnbrock, der Vorsitzende der Theologischen Kommission unserer Schwesterkirche der SELK in Deutschland, schrieb nach langen Untersuchungen als Fazit: Die Lutherbibel in dem neuen Text von 2017 wird in der SELK als offiziell geltende und zu gebrauchende Bibel für den kirchlichen Gebrauch angenommen.

Von den rund 31 000 Versen des Alten und Neuen Testaments haben rund 12 000 Verse, also knapp 40 Prozent, eine Änderung erfahren. Bei den Apokryphen waren es mit rund 3 700 von 4 400 Versen sogar über 80 Prozent. Insgesamt weist die Lutherbibel 2017 also fast 16 000 (44 Prozent) Verse auf, die von der bisherigen Ausgabe abweichen. Die Intensität dieser Veränderungen ist allerdings sehr unterschiedlich: Von geringfügigen Anpassungen in der Zeichensetzung über den Austausch einzelner Wörter bis hin zur vollständigen Neuübersetzung einzelner Verse reicht die Bandbreite der Bearbeitungen.

Jede Übersetzung hat auch ihre Schattenseite. Bei der Lutherübersetzung, sagt man, seien so manche Entscheidungen gefallen, die man anders hätte machen sollen. Ob z.B. eine Gender-gerechte Sprache unbedingt notwendig sei? Da wo die neutestamentlichen Briefe von „Brüdern“ reden, wurde es in der Lutherübersetzung 2017 zu „Brüdern und Schwestern“ verändert. Selbst an Stellen, wo nicht einmal Brüder vorkommen, wurde es verändert, z.B. Hebr 13,24b „es grüßen euch die von Italien“, steht nun hinzugefügt in der Lutherübersetzung 2017: „Es grüßen euch die Brüder und Schwestern aus Italien.“ Die wörtliche deutsche Übersetzung lässt es offen, ob – wie im Griechischen –, Frauen dabei sind oder nicht. Zugegeben, die Bibel entstammt einer patriarchalen Kultur und benutzt keine inklusive Sprache. Aber muss eine Übersetzung den Erfordernissen der Gegenwart gerecht werden oder gleitet man leicht in Übertreibungen ab?

Der Anhang mit Karten, Ort- und Sacherklärungen wird von den meisten Kritikern mit einigen Ausnahmen gelobt. So lautet eine besorgniserregende Stimme: „Die Erklärungen … sind von den Forschungsergebnissen der einseitigen historisch-kritischen Methode bestimmt. Sie verdunkeln nicht nur die historischen Seiten über die Reformation, sondern sie werfen auch einen düsteren Schatten über das Wort Gottes selbst und verlassen damit die Grundlage des „sola-scriptura-Prinzips.“ (www.mneuhold.at/biblica/luther2017.html) Dies trifft z.B. bei den Begriffserklärungen wie Taufe, Abendmahl, Jungfrauengeburt und Auferstehung und Sonstiges zu. Diese Kritik, wie gesagt, zielt besonders auf den Anhang und nicht auf den Bibeltext selbst.

Die SELK hat eine Liste von „Ausnahmen“ zusammengestellt, wo-rin einzelne Sätze genannt werden, die man anders lesen sollte. Diese Ausnahmen werden besonders in der neuen Lese- und Predigtreihe für den sonntäglichen Gebrauch hervorgehoben. Ab Advent 2018 gilt eine neue Perikopenordnung, die jedoch von der jetzigen nur geringfügig geändert wurde. Wahrscheinlich wird sich auch die FELSISA ab Advent 2019 nach dieser neuen Ordnung richten.

Sollte die Synode sich ebenfalls für die neue Lutherübersetzung 2017 entscheiden, werden mit der Zeit auch Gesangbuch und Katechismus überarbeitet werden müssen. Wie jedoch auch die Geschichte zeigt, eilt es nicht bei uns; die SELK jedoch hat sich schon an die Arbeit gemacht. Wir sind dankbar, Gottes Wort in schriftlicher Form haben zu dürfen und bitten unseren Herrn, dass es fleißig gebraucht und für zukünftige Generationen erhalten wird.

Pastor Klaus-Eckart Damaske, Lüneburg

 

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